Heute ist Heiligabend. Bei 27 Grad Tagestemperatur kommt die weihnachtliche Stimmung nicht so richtig in Schwung.
Mein Bruder hat sich für heute eine Seilbahnfahrt über La Paz gewünscht, der weihnachtliche Teil kommt heute Abend. Wobei ich gar nicht weiß, was meine Eltern damit meinen.
Zu unserem Frühstück gesellt sich Gerd, der hier seid 38 Jahren lebt. Er kennt sich natürlich perfekt aus und hat viele tolle Tipps für unsere Stadterkundung. Und da er gut erzählen kann, hören wir ihm gerne zu.
La Paz hat zwar „nur“ ca. 1.000.000 Einwohner, die leben aber auf einer enormen Fläche mit gewaltigen Höhenunterschieden. Deshalb hat der jetzige Präsident ein Seilbahnprogramm ins Leben gerufen. Zukünftig werden 11 Seilbahnlinien die Stadt überspannen, 6 davon fahren schon.
Die nagelneuen Doppelmayr Kabinen schweben überall sichtbar nach Farben sortiert über der Stadt. Wir beginnen mit der Grünen. Die Strecke ist fantastisch, man hat das Gefühl aus der Perspektive einer Drohne die Stadt zu sehen. Und die Strecken sind ziemlich lang, es gibt bis zu 3 Zwischenstationen bis zum Ziel. Von der grünen Linie steigen wir nach einer 20 Minuten langen Fahrt in die Gelbe um, die uns auf den höchsten Punkt von La Paz bringt.
Als wir oben ankommen, merken wir den Temperaturunterschied richtig. Unten 27 Grad, hier oben Wind und höchstens 17 Grad. Von hier aus bringt uns ein Taxi zur blauen Line.
Das Taxi kann uns aber nicht ganz an die Station bringen, da hier heute ein gigantischer Markt aufgebaut ist. Ganz nebenbei fahren wir auch auf einer Straße, wo Papa plötzlich die mumifizierten Lamaembryos und anderes Hexenzeug in Ständen entdeckt. Wir steigen zwar nicht aus, aber der Anblick war schon unheimlich genug.
Das Taxi lässt uns am Rande des Marktes raus, da es bis zur Station nur 15 Minuten Fußweg sind. Hier gibt es nichts, was nicht verkauft werden kann. Die Ausdehnung dieses Wochenmarktes sprengt jede Dimension, so etwas haben meine Eltern noch nie gesehen. Als wir die blaue Line einmal hin und zurück fahren, schweben wir über 10 Minuten nur über den Zeltdächern der Marktstände.
An der Endstation der Blauen bleiben wir übrigens einfach in der Kabine sitzen, da wir die Rückfahrttickets ja schon haben. Das allerdings löst einen großen Tumult bei den Angestellten aus, die uns unbedingt aus der Kabine haben wollen. Warum sollen wir denn aussteigen und dann wieder um die Ecke in die gleiche Kabine einsteigen? Da die Bahn sowieso nicht zu stoppen ist, fahren wir langsam unter Gezeter an der Security vorbei.
Wieder zurück wollen wir in die rote Line zurück ins Zentrum einsteigen, was dann unsere letzte Fahrt ist. Schon jetzt sind wir über 3 Stunden unterwegs.
Die Schlange an der roten Bahn ist allerdings mehrere hundert Meter lang.
Ok, da stellen wir uns nicht an.
Am Ticketschalter ist nur eine kleine Schlange und mit den Tickets stellen wir uns einfach kurz vor den Kabinen an, wie es alle Bolivianer vor uns auch machen. Da wir hier so exotisch sind, meckert auch keiner.
Während der Fahrt muss Mama mal meine Windel wechseln, was bei den anderen Passagieren auf wenig Begeisterung stößt. Unten in der Station spricht uns dann ein Angestellter an, dass dies hier verboten sei. Eine andere Angestellte rennt mit Desinfektionsspray zur Kabine. Also wirklich, geht´s noch!
In der Stadt, wo jeder seinen Müll hinschmeißt, wo er Lust hat, wo man Atemnot vom Dieselruß der Autos hat, wo die Flüsse soviel Schaum, haben dass es aussieht wie Schnee, da regt man sich über so etwas auf.
Schon komisch, die Bolivianer.
Egal, von hier aus geht es zurück ins Hotel. Die Fahrten haben uns super gefallen und wenn alle Bahnen mal fahren ist das ein klasse Nahverkehrsnetz.
Am Hotel angekommen, rennt mein Bruder direkt zum Wohnmobil. Er redet irgendetwas von Geschenken.
Im Wohnmobil sind dann auch zwei bunte Päckchen, die da vorher nicht waren. Und als mein Bruder ins Führerhaus geht, ist da ein riesiger Karton. Und Papa findet für mich auch so ein buntes Etwas.
In meinem Paket ist ein lustiger Elefant mit einem leuchtenden Stern, der schöne Einschlaflieder spielt.
In dem riesigen Karton ist ein großer Pickup, den man fernsteuern kann. Den hätte ich auch gerne. Na ja, mein Geburtstag kommt ja bald. Mein Bruder fährt noch eine ganze Zeit mit dem Auto über den Platz bis der Akku leer ist. Da ich nach kurzem die Begeisterung für meinen neuen Elefanten verliere, weil ich die Autos meines Bruders viel schöner finde, bekomme ich von ihm dann ein kleines Metallauto geschenkt.
Dann gehen wir alle leckeres Fondue essen, fast wie zu Hause in Deutschland. Extra für uns wird Weihnachtsmusik im Restaurant gespielt, denn wir sind die einzigen Gäste. Das macht uns aber nichts, denn mein Bruder spielt mit seinen neuen kleinen „Cars“ während ich mit meinen Eltern lecker esse. Weihnachten finde ich sehr schön und ich freue mich schon auf das nächste Mal: Feliz Navidad